Monday 5 August 2013

Aktienboom — mit Crash-Garantie!



von Marc Friedrich
Seit einem Jahr kennen die Aktienmärkte nur noch einen Weg – und zwar gen Himmel. Wie von Sinnen lassen sich die Anleger — getrieben von der Gier nach Rendite — abermals blenden. Weltweit versuchen die Notenbanken mit historisch niedrigen Zinsen und billigem Geld der Krise entgegenzusteuern, die ja erst durch niedrige Zinsen und billiges Geld entstanden ist. Dax, Dow Jones und Nikkei haben sich seit ihrem Tief 2009 mehr als verdoppelt. Die Probleme der globalen Krisen sind jedoch nicht einmal ansatzweise gelöst. Die Notenbanken überschütten die (Banken-)Welt lediglich mit billigem Geld und die Börsen erklimmen weltweit Rekordstände – völlig losgelöst von der wirtschaftlichen Realität.
Wir haben es in unserem Buch geschrieben und empfehlen es auch unseren Kunden: Raus aus Papierwerte, rein in Sachwerte!
Der warme Geldregen der Notenbanken sorgt dafür, dass an der Wall Street wieder Rekordgehälter ausbezahlt werden und hoch spekulative Finanzprodukte abermals unter die Leute gebracht werden. Damit die Sause noch eine Weile anhält, haben die Notenbanken 2013 noch einmal richtig Gas gegeben und die Druckerpressen in den Turbogang geschaltet: Die EZB drehte zuletzt erneut an der Zinsschraube und reduziert den Zinssatz auf das Rekordtief von 0,5 Prozent. Es stellt sich uns die Frage, wann die EZB das Geld an die Banken verschenken möchte. Vielleicht wäre es ja sinnvoller, wenn die EZB das Geld direkt an Unternehmen verleiht, die es benötigen, anstatt es völlig maroden Banken in den Rachen zu werfen.
In den USA sehen wir das gleiche Spiel. Die Fed ließ verlauten, dass das aktuell niedrige Zinsniveau bis mindestens 2015 bestehen bleibt – die Börsen explodieren daraufhin weltweit und sind völlig betrunken von dem billigen Geld! Verheerende Fakten aus der Realwirtschaft werden weiter erfolgreich ignoriert. Ben Bernanke, seines Zeichens Chef der US-Notenbank Fed, kauft pro Monat für insgesamt 85 Milliarden US-Dollar Staatsanleihen und Immobilienpapiere auf um die Märkte zu stabilisieren. Dadurch hat sich die Bilanzsumme der Fed auf schwindelerregende 3,5 Billionen US-Dollar hochgeschraubt – Tendenz weiterhin stark steigend. Mittlerweile ist die Fed, vor China, größter Gläubiger der USA – was wir als volkswirtschaftlich doch etwas fragwürdig empfinden.
In Japan verpflichtet sich die Bank of Japan einer längst vergessenen Tradition – sie stellt auf den wirtschaftlichen Kamikazemodus um. Auf Grund der enormen Eingriffe des Staates wird der Yen künstlich billig gehalten, mit dem Ziel, die Exporte zu steigern und damit die seit Jahren am Boden liegende Wirtschaft anzukurbeln. Die japanische Staatsverschuldung nimmt mit jenseits der 250 Prozent des Bruttoinlandproduktes mittlerweile mehr als abstruse Ausmaße an. Wir sind äußerst gespannt, wann die 300-Prozent-Marke erreicht wird und sind sicher, dass Japan mit dieser ökonomischen Harikiripolitik langfristig scheitern wird.
Es ist nicht mehr wegzudiskutieren: die Welt steht vor einer weiteren gravierenden Rezession — doch die Märkte explodieren. Es wird wieder getanzt und die Musik spielt laut — das billige Geld zeigt abermals seine verheerende Wirkung. Die Märkte haben sich, angetrieben von der immensen Liquidität, komplett von der Realität und den wirtschaftlichen Fakten abgekoppelt. So langsam sollte auch dem letzten klar sein, dass dieser Irrsinn in einem verheerenden Knall enden wird. Wann werden wir die maximale Fallhöhe erreicht haben? Wie lange tanzen wir noch auf dem Vulkan des billigen Geldes und wann wird das Geschrei und Gejammer abermals groß sein?
Es lohnt sich vielleicht durchaus, einen Blick auf die gegenwärtige wirtschaftliche Lage zu werfen. Betrachtet man die Lage in der Euro-Zone, könnte es einem doch etwas anders werden. Mit größtem Erfolg betreibt die Politik, die Notenbanken und die Finanzwelt volkswirtschaftliche Schadensmaximierung auf Kosten der Allgemeinheit und besonders der Jugend Europas.
Griechenland, Portugal und Spanien sind de facto bankrott und dies kommt nun auch in der Politik an. Die Länder werden „in hundert kalten Wintern“ nicht ihre Schulden bezahlen können und der große Schuldenschnitt wird kommen – egal, ob dies Frau Merkel oder Herrn Schäuble gefällt oder nicht.
Die Arbeitslosenzahlen in den oben genannten Ländern erklimmen Höhen, die uns lediglich aus Zeiten der Weimarer Republik bekannt sind. Wir alle wissen, in was für einer Katastrophe diese geendet ist. Dies gilt es zu verhindern. Durch die falsche Politik schaffen wir gerade einen brandgefährlichen Nährboden für Extremisten und Bürgerkrieg. Hier wird eine ganze Generation ihrer Zukunft beraubt. Die werden irgendwann auf die Straße gehen und Revolution machen. Es stellt sich die Frage: wie lange erträgt die Bevölkerung dieser Länder noch die gegenwärtige Situation.
In Spanien sind mit 26,8 Prozent und Griechenland mit rund 27 Prozent, mehr als jeder Vierte arbeitslos und unter den jungen Menschen unter 25 Jahren sogar jeder Zweite (Spanien 57,2 Prozent und Griechenland 64,7 Prozent). Die Ausfallrate an Krediten ist in Spanien mit knapp 11,2 Prozent oder 170 Milliarden Euro auf einem Allzeithoch. Ist auch logisch: Durch Einsparungen wird die Wirtschaft abgewürgt, es gibt mehr Arbeitslose die dann wiederum nicht ihre Kredite bedienen können und der Binnenkonsum sowie die Steuereinnahmen gehen stark zurück. Eine sich selbstnährende Spirale nach unten. Parallel wird die Regierung Rajoy von einer enormen Korruptionsaffäre eingeholt und erodiert damit weiter den Glauben an die Demokratie.
Portugal verzeichnet eine Gesamtarbeitslosenquote von 17,8 Prozent und eine Jugendarbeitslosenquote von fatalen 42,5 Prozent. Nicht zu verkennen ist, dass diese Zahl eigentlich wesentlich höher wäre, denn weit über 100.000 Jugendliche haben ihre Heimat in Richtung der portugiesisch sprechenden Länder Brasilien und Angola verlassen. Dabei wissen wir alle: Ein Land ohne Jugend ist ein Land ohne Zukunft. Portugal wird bald wieder die Hand aufhalten und ein zweites Rettungspaket beantragen.
In Italien ist die Lage unserer Ansicht nach ebenfalls durchaus optimierungsbedürftig. Das Land hat mittlerweile die höchste Arbeitslosigkeit seit 36 Jahren. Bei den Jugendlichen wurde die 40 Prozent Marke gerissen und zwölf Prozent der Gesamtbevölkerung sind insgesamt ohne Job. Die Auslastung der Autoindustrie (Fiat) ist bei schwachen 40 Prozent. Europaweit sinken die Auto-Absatzzahlen und auch Italien bekommt dies deutlich zu spüren.
Es passiert dadurch Unglaubliches: Die dramatische Lage hat sogar Berlusconi wieder auf die politische Bühne gespült. Ob der nun rechtskräftig „verurteilte Kriminelle“ Berlusconi das Land „abermals retten“ wird, halten wir für äußerst fragwürdig, eher wird er es in eine neue Krise stürzen, da ihm sein persönliches Wohl vor das Italiens und seiner Bürger geht.
Bei unseren Freunden in Frankreich sieht die Lage der „Grande Nation“ gegenwärtig ebenfalls besorgniserregend aus. So langsam ist auch jedem „Hinz und Kunz“ bekannt, dass die französische Industrie gegenwärtig nicht mehr wettbewerbsfähig ist. Es erfordert keinerlei hellseherische Fähigkeiten, um zu erkennen, dass der eine oder andere französische Automobilkonzern in nicht allzu ferner Zukunft wieder einmal um knackige Staatshilfen betteln wird und schlussendlich doch die Bücher auf den Tisch legen muss. Schon jetzt hat der Staat die defizitäre Autobranche mit sage und schreibe sieben Milliarden Euro Steuergeldern subventioniert und damit den Wettbewerb ungesund verzerrt. Wie desolat die Situation ist, zeigt auch, dass die EU die eigentlich unerlaubten Stützungsmaßnahmen durchgewunken hat – trotz massiver Proteste. Alarmierend sind auch die Arbeitsmarktdaten: Frankreich hat 11,2 Prozent Arbeitslosigkeit, davon 26,5 Prozent Jugendarbeitslosigkeit – Tendenz steigend.
In den Niederlanden platzt derweil die Immobilienblase und die Wirtschaft steht vor ernsthaften Problemen. Im ersten Halbjahr gingen so viele Unternehmen Pleite wie noch nie seit Aufzeichnung der Daten. Das neue Königspaar übernimmt eine desolate Wirtschaftsnation.
England ist ein schönes Beispiel, was passiert, wenn ein Land seine Werkbank ins Ausland verlagert und sich ganz auf den (Finanz-)Dienstleistungssektor fokussiert. Wann hatten Sie zuletzt ein Produkt in der Hand mit der Kennzeichnung „Made in England“? Die Jugendarbeitslosigkeit beträgt aktuell 21,2 Prozent, bei einer Gesamtarbeitslosenquote von über acht Prozent — Tendenz ebenfalls steigend.

Wir sollten uns folgende Fragen stellen:

  • Was ist aus der groß angekündigten Finanztransaktionssteuer geworden?
  • Wie weit ist die Regulierung der Banken fortgeschritten?
  • Wer spricht noch von Basel III?
  • Was ist mit Solvency II?
  • Wurde eine Börsensteuer eigentlich umgesetzt?
  • Warum müssen die Verursacher der Krise nicht mit Haus und Hof haften?
  • Warum wurden die Banken, die in den perversen Libor Zinsskandal verwickelt waren, nicht bestraft – abgesehen von den zwei bis drei lächerlichen Geldstrafen?
  • Warum hat man in einer Nacht– und Nebelaktion die Bilanzierungsregeln für die Finanzbranche dermaßen aufgeweicht, dass selbst Experten von einem unglaublichen Skandal und staatlich legitimierten Steuerbetrug sprechen?
  • Warum hat man es den „Big Banks“ ermöglicht, sich seit 2009 noch mehr mit billigem Geld vollzusaugen, um noch „systemrelevanter“ zu werden?
Fragen über Fragen und keiner kann uns Antworten geben. Es scheint so, dass bizarrerweise die Krisenverursacher die Krisengewinner sind – verkehrte Welt würden wir sagen.
Die Finanzwelt ist somit wieder in Ordnung , denn es werden wieder Rekordgewinne verbucht und die Bonis fließen wieder reichlich. In Deutschland entlässt unsere teilverstaatlichte Commerzbank 5.000 Menschen, im Gegenzug erhöht sich der Vorstand seine Bezüge um 170 Prozent! Irgendwoher muss es ja kommen. Damit setzt die Branche ein ganz klares Zeichen was ihr wichtig ist. Die Bank gewinnt eben immer.
Die Ursachen der Krise wurden weder angegangen noch nachhaltig gelöst, sondern nur mit Geld überschüttet und somit in die Zukunft verschoben. Die Lösung weltweit heißt momentan: Zinsen senken und die Märkte mit ausreichend Liquidität versogen. Noch nie war in der Geschichte der Menschheit mehr Geld im System wie aktuell und wir sind überzeugt noch nie wird man einen größeren Crash gesehen haben.
Summa summarum sieht die wirtschaftliche Lage „super“ aus – von Krise keine Spur. Herr Barroso und Herr Schäuble hatten also recht, als sie Anfang dieses Jahres  verkündeten: „Die Krise ist vorbei!“
Lasst uns weiter fleißig Geld drucken und die Aktienmärkte weiter nach oben prügeln. Wen interessieren denn schon volkswirtschaftliche Fakten und Zahlen: solange wir unbegrenzt Geld aus dem Nichts schöpfen können, ist alles gut und wir werden alle immer reicher. Wie gesagt, der Dax kann auch noch auf 15.000 oder 50.000 Punkte gehievt werden, nur wird dies dem Großteil der Bevölkerung wenig nützen — außer Inflation. Der kleine Nebeneffekt der Notenbankparty ist, dass der kleine Sparer durch die weltweite Niedrigzinsphase schleichend enteignet wird. Wen interessiert das schon? Klar ist: Der Kater wird kommen, wie nach jeder hemmungslosen Party. Wir sehen jetzt schon die ersten Vorboten. Kaum erwähnen die Notenbanken im Subtext, die Zinsen anzuheben oder die Notenpressen zu stoppen, reagieren die Börsen hypernervös und sehr empfindlich. Ein ganz klares Zeichen dafür, dass die Börsen zum Großteil durch das billige Geld nach oben getrieben worden sind. Wir erwarten vor der großen Inflation einen deflationären Schock, bei dem alle Anlagewerte liquidiert werden. Die Aktienmärkte werden massiv nach unten korrigieren — es wird heftig werden. Anschnallen!

Quelle: NOVAYO (04.08.2013)



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