Tuesday, 9 October 2012

Irischer Abgeordneter fordert ESM heraus: Warum Thomas Pringle dem ESM gefährlich werden könnte

Gibt es doch noch eine vage Hoffnung, dass der ESM kippt? Oder ist das eine weitere Luftnummer wie beim "Entscheid" des Deutschen Bundesverfassungsgerichtes? Jedenfalls hat ein mutiger Irischer Abgeordneter, Thomas Pringle, gegen die Grundung des Europäischen Stabilitätsmechnismus geklagt. Der folgende Artikel stammt von Martin Alioth und wurde am 08.10.2012 auf dem Deutschlandfunk dradio.de veröffentlicht.


Warum Thomas Pringle dem ESM gefährlich werden könnte


Ein irischer David klagt gegen den europäischen Goliath

Von Martin Alioth

Heute wird der Europäische Stabilitätsmechanismus, der ESM, wirksam, der dauerhafte Rettungsschirm für die Euro-Länder. Doch dem ESM droht Ungemach: Ein irischer Abgeordneter klagt gegen dessen Rechtmäßigkeit.


Thomas Pringle, der 45-jährige, parteilose Abgeordnete des irischen Parlaments für den Wahlkreis Donegal Südwest, hat vor irischen Gerichten gegen die Gründung des Europäischen Stabilitätsmechnismus geklagt. Warum?
"It appeared to me that the European Stability Mechanism would be used as a way that the citizens would have to bail out banks into the future for the mistakes that they have made in the past."

Er befürchte, dass der ESM zur Rettung von Banken benutzt werde, dass also die Bürger für deren Fehler bezahlen müssten.

In Irland ist das bekanntlich schon in spektakulärem Umfang geschehen: Der irische Steuerzahler hat bisher 64 Milliarden Euro in die einheimischen Banken gepumpt. Pringle will verhindern, dass das zur europäischen Regel wird:

"I think that in everything that we do that we respect the Treaties as the rule of law and the governing rule within the Union."

Wir müssen die Regeln der EU-Verträge respektieren, fordert er. Der ESM gehe darüber hinaus. Allein, Pringles Liebe zu den EU-Verträgen ist nicht bedingungslos: Er wandte sich gegen die irische Ratifikation der EU-Verträge von Lissabon und gegen den Fiskalpakt; das sei öffentlich bekannt.

"Well, I think that'll be on the public record: I have voted No in the European referendums."

Pringle dient seit anderthalb Jahren als parteiloser Abgeordneter für den äußersten Nordwesten Irlands im Parlament, wo er sich einer losen linken Gruppierung angeschlossen hat. Im Landtag der Grafschaft Donegal vertrat er zeitweise die Sinn-Féin-Partei, die bisher jede europäische Referendumsvorlage in Irland abgelehnt hat. Der Abgeordnete meint, die EU habe sich von ihren Ursprüngen entfernt und werde immer stärker von den großen Ländern manipuliert:

"I think that in many cases, might is right within Europe."

Immer öfter diktiere reine Macht das Geschehen, sagt er. So klagte er vor irischen Gerichten. Der Supreme Court lehnte seine Beschwerden nach irischem Recht ab, verwies aber seine Klagen, wonach der ESM dem europäischen Vertragsrecht widerspreche, weiter an den Europäischen Gerichtshof in Luxemburg. Denn da EU-Verträge nach den entsprechenden Volksabstimmungen in der irischen Verfassung verankert werden, bedarf es dieser Abklärung.

"I think it's unique across Europe, and it's the nature of our own constitution here in Ireland that the Treaties are enshrined into the constitution."

Das sei wohl einzigartig in Europa, weil die Verträge eben Bestandteil der Verfassung seien. -

"But if I won it would mean that ..."
Falls Pringle recht bekäme, wäre der ESM rechtswidrig, weil er das Verbot von Rettungsaktionen breche und vielleicht sogar die Regeln der Währungsunion.

" ... and breaches the no-bailout-clause and possibly the Monetary Union clauses as well, which I think is very important."

Aber wäre es nicht widersinnig, wenn ausgerechnet ein Ire die Einrichtung des ESM verhinderte? Wäre Irland nicht in besonderem Maße darauf angewiesen, dass seine Rückkehr an die Kapitalmärkte durch eine mögliche Intervention des ESM unterfüttert wird?

"That may be, but I think the costs and the potential costs of that outweigh any of the potential benefits."

Unbekümmert gibt Pringle zu, das sei schon möglich. Aber die Nachteile überwögen eben bei Weitem. Widersprüche, wohin man schaut. Doch die juristische Basis scheint tragfähig, die Sprengkraft unverkennbar. Wird sich der Europäische Gerichtshof bei seiner mündlichen Verhandlung am 23. Oktober auf dieses heikle Terrain locken lassen? Pringle räumt ein, dass die Auseinandersetzung an David gegen Goliath erinnert:

"Well, I suppose it probably does, alright. And that ended very well for David. So we'll see how it goes on the 23rd of October."

Aber schließlich sei das ja für David sehr gut ausgegangen. 

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Hier ein Link zu Thomas Pringles Hompage mit weiteren Informationen:

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